Frau des Monats Oktober 2021: Nawal El Saadawi

01.Oktober 2021 | Frau des Monats

Nawal El Saadawi

Geboren am 27. Oktober 1931 in Kafr Ṭaḥla, Ägypten

Gestorben am 21. März 2021 in Kairo, Ägypten

Ägyptische Autorin, Ärztin und Aktivistin für Menschenrechte, insbesondere für die Rechte der Frau

Die Ägypterin Nawal El Saadawi setzte sich als Schriftstellerin und Menschenrechtsaktivistin vor allem für Frauenrechte ein. Sie gilt als Mutter der ägyptischen Frauenbewegung, furchtlose Kämpferin und Ikone für Feministinnen weltweit.

Auf dem Land aufgewachsen, zog es Saadawi für ihr Medizinstudium zunächst nach Kairo, später nach New York. Anschließend praktizierte sie als Ärztin im ländlichen Umland Kairos, wodurch sie auf die prekäre Situation der Landbevölkerung aufmerksam wurde. Unter ihren Patient*innen waren viele junge Mädchen, die infolge weiblicher Genitalverstümmelung an Verletzungen litten. Saadawi selbst musste sich dieser Praxis im Alter von sechs Jahren unterziehen. Aus diesen Erfahrungen heraus kämpfte sie ihr Leben lang gegen weibliche Genitalverstümmelung. Diese ist seit 2008 zwar verboten, aber noch immer weit verbreitet.

1967 wurde Saadawi als Direktorin für Gesundheitserziehung im ägyptischen Ministerium für Gesundheit in Kairo angestellt. In diesem Kontext brachte sie auch eine Zeitschrift heraus. Aufgrund ihres provokativen Buches „Frau und Sexualität“ (1971), welches sich mit der sexuellen Sozialisation der ägyptischen Frau beschäftigt, verlor sie diese 1972 Stelle jedoch wieder. Die Zeitschrift wurde eingestellt und Saadawi erhielt ein landesweites Publikationsverbot. Ihre Romane veröffentlichte sie fortan im Libanon. Parallel beteiligte sie sich von 1978 bis 1980 als Ärztin in Afrika und dem Nahen Osten an Frauenprojekten der UNO. Mit der Gründung der Arab Women Solidarity Association (AWSA) 1982 setzte sie sich für eine Verbesserung der Lebensbedingung von Frauen ein. Ein richterlicher Beschluss sorgte jedoch 1991 für ihre Auflösung. 2004 kandidierte sie für die ägyptische Präsidentschaft. Allerdings folgte 2005, aus Protest über ungerechte Wahlbedingungen, der Rückzug ihrer Kandidatur.

 

Saadawi war infolge ihrer furchtlosen Kämpfe mit vielen Anfeindungen konfrontiert. Als Oppositionelle geriet sie 1981 in eine dreimonatige Haft. Ihre Erfahrungen im Gefängnis, teils mit Kajalstift auf Toilettenpapier festgehalten, verarbeitete sie in einem Buch, welches auf Deutsch unter dem Titel: „Ich spucke auf euch. Bericht einer Frau am Punkt Null“ erschien. Morddrohungen seitens fundamentalistischer Kreise drängten sie ins Exil in die USA, wo sie sich von 1992 bis 1997 aufhielt. Aufgrund ihrer Interpretation des Islams, welche die ägyptische Gesellschaft als provokativ empfand, forderten konservativ-religiöse Kräfte die Zwangsscheidung von ihrem Mann. Ein Prozess, der viel Aufsehen erregte und welchen Saadawi 2001 gewann. Ihr wurde jedoch weiterhin immer wieder ein Abfall vom dem Islam vorgeworfen. So wurde Saadawi auch auf einer Todesliste der radikalen Islamisten aufgeführt.

Trotz all dieser Hürden blieb Saadawi stets kämpferisch und setzte sich unentwegt für die Emanzipation und Gleichstellung der Frau ein – sowohl wirtschaftlich und politisch als auch sexuell und kulturell. Sie betonte, dass Freiheit nur dann erreicht werden könne, wenn Befreiung auf all diesen Ebenen geschieht. Dabei thematisierte sie auch immer wieder Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen der Unterdrückung von Frauen des globalen Nordens und Südens. In diesem Zusammenhang plädierte sie gegen Pauschalisierungen und für einen präzisen Blick auf spezifische Kontexte.

Saadawi wurde international vielfach ausgezeichnet und zählte 2020 zur Rangliste der 100 einflussreichsten Frauen der Welt des amerikanischen „TIME“ Magazins. Ihre verteidigende Haltung gegenüber dem Regime des heutigen Präsidenten Abdel Fatah al-Sisi und seinen Menschenrechtsverletzungen brachte ihr zuletzt jedoch auch Unverständnis und Kritik ein.

Diese fragwürdige Haltung, welche wie ein Bruch in ihren jahrelangen Kämpfen wirkt, leugnet jedoch nicht das eindrucksvolle Werk, die Erfolge und Inspiration, welche Saadawi der Welt, dem Feminismus und vor allem arabischen Frauen hinterlassen hat.

Nawal El Saadawi starb am 21. März 2021 im Alter von 89 Jahren.

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